Vogtlandfest 2008 am 04.10.2008 in Posseck

Quelle: Vogtländer Nachrichten

Vogtlandfest | SPD-Parteichef spricht in Posseck / Sozialstaat braucht Engagement

Posseck – Ein kühles Blondes schmeckt, Markneukirchens Blasmusikanten hauen auf die Pauken. Es ist Samstagnachmittag. Und alle warten im Possecker Festzelt auf den hageren Mann mit dem obligatorischen roten Schal. Warten auf SPD-Parteichef Franz Müntefering. 14.30 Uhr, so steht‘s im Programm, soll der charismatische Westfale als Festredner zum 12. Vogtlandfest auftreten. Das Festzelt ist zum Bersten voll, wer zu spät kommt, wird mit einem Stehplatz bestraft. „Münte“ kommt pünktlich mit dem Glockenschlag des Possecker Kirchleins, die Massen sind begeistert. Dann geht’s los – mit dem Hofer SPD-Landrat Bernd Hering und Bundestagsmitglied Petra Ernstberger. Das Publikum applaudiert und wartet immer noch geduldig. Darauf, dass der Franz endlich zu Wort kommt.

Doch dann erster tosender Applaus. Nicht für ,,Münte“, der immer noch nicht dran ist. Sondern für den Vogtländer Rolf Schwanitz. Der Parlamentarische Staatssekretär im Gesundheitsministeriums weiß, ,,dass wir alle da sind, um einen anderen zu hören“. Und deshalb macht er‘s kurz – und deutlich. Das Absacken der bayerischen CSU versteht er als „Dienst an der Demokratie“. Mit scharfen Worten attackiert er das Gerede der Konservativen über die ,,Mehrheit der bürgerlichen Parteien“’ und fragt provokant: ,,Sind Grüne und Sozialdemokraten Aussätzige?“’. Tage der Deutschen Einheit, das sind auch Tages des Erinnerns. Schwanitz erinnert an den letzten Erschossenen an der Mauer, an schwimmende DDR-Flüchtlinge in der Kieler Bucht, an Stasi-Knast, Stacheldraht, und meint: ,,Gut, das dieser Irrsinn ein Ende hat, Erinnern ist wichtiger als parteipolitisches Gezänk.“ Gleich kommt „Münte“. Mit ihm und Frank-Walter Steinmeier habe das Land zwei Politiker mit Erfahrungen, Augenmaß und politischer Führungsfähigkeit, lobt der Vogtländer den Chef der ältesten deutschen Partei. Endlich am Mikro: „Münte“ Stille im Festzelt, als Müntefering den Bogen spannt von den Anfängen der deutschen Arbeiterbewegung um 1863 bis in die 50er Jahres des vergangenen Jahrhunderts. Auch er erinnert an Diktaturen, Widerstand, Vertreibung, Zeiten ohne Frauenwahlrecht, an eine BRD mit „Nazis der ersten Stunde, an eine BRD voller Mief“, an den Bankrott der DDR. Bei allen Visionen, bei allem Suchen nach dem Weg zum Paradies und neuen Menschenbildern sei die Lehre der Geschichte: „Man darf keine Mauern bauen und keinen Menschen einsperren.“ Als Franz Münterfering über „Heuschrecken“ in einer sich globalisierenden Welt des modernen Kapitalismus nachdachte, da war an die weltweite Finanzkrise dieser Tage noch gar nicht zu denken. Müntefering bezeichnet sie als „eine neue Form des Kapitalismus“ und stellt fest: „Geld und Wirtschaft müssen für die Menschen da sein und nicht umgekehrt.“ Ein weiterer Dreh- und Angelpunkt seiner Festrede ist die Bildungspolitik. Seit der SPD- Gründung 1863 gelte: Bildung ist Menschenrecht. Deshalb sei endlich eine Bildungspolitik erforderlich, die die Bedürfnisse der Eltern und Kinder aufnehme. Sein Resümee: Nichts ist sicher, um alles muss man Schritt für Schritt streiten, Menschen müssen für Menschen da sein, der moderne Sozialstaat braucht eine soziale Gesellschaft, ein menschliches Leben werde es nicht ohne Engagement geben. Dann das Bad in der Menge, ein Stück Pflaumenkuchen von den vogtländisch-fränkischen SPD-Frauen, der ersehnte Griff ins güldene Zigarillo-Schächtelchen. Die SPD-Hauptveranstaltung zum Tag der Deutschen Einheit ist geschafft.

 

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